Vielfalt und Feeling … der Samstag auf dem Splash 2008!

Kein Regen! Das war die wichtigste Nachricht des Tages, denn es war viel wert, nicht mehr durch Matsch waten zu müssen. Dem bunten Festivaltreiben stand nichts mehr im Weg und es war merklich voller als am Freitag. Dichtes Gedränge dann bei Culcha Candela auf der Hauptbühne, der Volcano-Stage. Wie über einen Blitzableiter lief die gute Laune der Berliner auf die Tausenden vor der Bühne ab. Die Culchas hatten richtig Spaß, zumal sie erst mit ihrem Hammer-Hit den großen Durchbruch feiern durften, den sie schon viel früher verdient hatten.

Parallel dazu traten Little Brother im Riesenzelt auf, das während ihrer Show nur wenig freie Plätze bot. Denn die Jungs aus North Carolina, die erst vor ein paar Monaten in Leipzig aufgetreten waren, feierten eine schweißtreibende Church-Party. Ihr soulgebadeter Hip Hop animierte jeden zum Tanzen und Kopfnicken. Und das viele hundert Kehlen während eines Konzerts in Deutschland „Halleluhjah“ rufen – das gab es auch noch nicht. Spätestens bei „Good Clothes“ vom Album „Get Back“ gab es kein Halten mehr: das ganze Zelt bouncte bei dem Song, der zum Besten zählt, was 2007 an Hip-Hop zu hören war (Lest auch unsere Rezension des Albums auf www.rap2soul.de!) Korrekt, dass die Splash-Macher die kleinen Brüder aus dem Süden eingeladen hatten und diese ein wissendes Publikum fanden.

Sean P oder Shaggy? Ich konnte mich nicht zerteilen und prüfte deshalb, ob der Superstar „Dienst nach Vorschrift“ macht. Von wegen! Shaggy arbeitete für seine Gage, und zwar hart. Mit einer großen Backing Band gab er große Hits wie „Hey Sexy Lady“ zum Besten. Sicher muss sich der Mann seit einigen Jahren vorwerfen lassen, mit engmaschigem Fangnetz im Popbecken zu fischen. Nach dem Motto: der Wurm muss dem Fisch und nicht dem Angler schmecken. Aber die musikalische Umsetzung auf der Volcano Stage ließ die Zweifler verstummen. Jede Note und jeder Ton wurden getroffen. Shaggy war der richtige Act zur richtigen Zeit: er „heizte“ ein und wärmte auf, denn so langsam wurde es kühl auf dem Festivalgelände.

Und die Spannung stieg. Nach einer längeren Umbaupause kam um 00.45 Uhr der Top Act nicht nur des Abends, sondern des Splash! 2008 überhaupt. Erste Überraschung: Jigga Man kleckerte nicht nur, sondern klotzte. Um seinem Vorgänger in Nichts nachzustehen, präsentierte er ein riesiges Line up. Eine richtige Funkband spielte auf der Bühne; mit Bläsersektion, Perkussion und allem, was dazu gehört. Nach ein paar Minuten wurde Jay-Z die wuchtige Halskette zu schwer. Er entledigte sich seines Schmucks und warf das teure Designerstück einem Claqueur zu. Dann war der zu den Top 5 der Welt zählende Rapper (und unter ihnen wohl der mit dem besten Flow) nicht mehr zu bremsen. Seine Mega-Jams wechselten sich ab mit jüngsten Erfolgen wie „American Boy“ (ohne Estelle) und einem Freestyle auf „Rehab“. Profi durch und durch ließ Jay-Z immer wieder durchblicken, wie er reimen kann und dass er wenig Konkurrenz hat. Als Überraschungsgast trat Memphis Bleek auf (ohne Beanie Sigel) und war gleich wieder weg. Vom ersten Takt an bis zum Ende (nach genau einer Stunde) wurden Jay-Z und seine exquisite Live-Band von den Tausenden vor der Hauptbühne auf Händen getragen.

Um kurz vor zwei Uhr war es kühl geworden wie an einem frühen Herbstabend. Zeit also, sich in den Partyzelten aufzuwärmen. „Soshee“, das lose Netzwerk Leipziger Künstler mit Gästen aus anderen Landesteilen, lud wieder zur Jam-Session ein und die an Funk, Soul und Jazz interessierten Semester wurden wie am Vorabend bestens bedient. Im Nachbarzelt ließ Miss ILL es krachen: die Französin legte vor allem Wert auf ihre Optik und ihre Bühnenshow. Musikalisch bot sie einen Soundclash aus getuntem Hip Hop, der hochgepitcht von Houseklängen über Electro und Booty die Partymeute zur Ekstase trieb. Einiges davon war wohl nicht so live, wie die wild zappelnde Frau durch Drehbewegungen an imaginären Knöpfen und Fadern weismachen wollte. Aber egal, Marusha … äh, Miss ILL, blies zum Rave und hatte das vollste Zelt.

Heute spielt uns das Wetter Streiche mit Regenschauern. Am Himmel hängen Wolken, die bedrohlich auf Bühnen und Zelte blicken. Lasst Euch vom Feiern nicht abhalten und genießt die Stunden unter vielen Freunden auf gleicher Wellenlänge! Denn auch der Sonntag hat einiges zu bieten. Dr. Funkenstein empfiehlt Euch zum Ausklang drei richtig coole Acts: um 18.00 Uhr J-Live, um 21.30 Uhr Gentleman und ab 22.00 Uhr Birdy Nam Nam.

Danke an alle Macher hinter dem Festival für den Kraftakt, eine solche Vielzahl von Musikern und Menschen unter einen Hut zu bekommen (Ausnahme: der Pressemensch…). Noch eine Anregung für 2009: wie wäre es, ein paar Vertreter der alten Schule einzuladen? Al Green, Fatback, S.O.S. Band, Whispers, Midnight Star, 2 Live Crew – sie alle touren mit riesigem Erfolg immer wieder und leider nur in den USA. Auch hier würde die „Old School“ zusätzliche (und zahlungskräftige!) Gäste ab 30 anlocken. Und das Splash! könnte zur Black Music-Familienparty werden. Denn während die Söhne ihre deutschen Rapper bewundern, könnten die Väter die Funk- und Soulbands ihrer Jugend sehen. Nicht nur über Samples würde sich also der Kreis schließen. Und das Splash! noch runder werden. Was auch immer die Festivalmacher aus Chemnitz vorhaben: wir sehen uns wieder – im nächsten Jahr!

Über Torsten Fuchs 529 Artikel
Torsten Fuchs ist ein Experte der Black Music und bereits früh als Redakteur zu rap2soul gekommen. Torsten schreibt CD-Kritiken für mehrere Magazine. Als Moderator war er für JAM FM tätig, zuvor war er auch bereits bei Radio PSR und als Showhost bei MDR Sputnik. Torsten Fuchs ist Mitglied beim Preis der Deutschen Schallplattenkritik e.V. in der Jury für "Hip Hop, Soul, R&B".

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  1. Termin steht Splash! - Open Air Festival 2009 - einen Tag kürzer vom 10.07.2009 bis 11. Juli 2009 Halbinsel Pouch bei Leipzig , Karten und Tickets gibt es ab November 2008 im Vorverkauf | rap2soul

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