Craig David – The Story Goes…

Das ist nicht der alte Craig David! Das bringt auf den Punkt, was viele seiner Fans enttäuscht zur Kenntnis nehmen. Vielleicht – möchte ich da einwerfen – ist der neue am Ende besser, wenn man ihm denn eine Chance gibt.

Im Vergleich zu früher klingt alles einen Level ruhiger, auch die schnelleren Tracks sind
nicht mehr so schnell wie vormals. Da kommt schnell der Gedanke, ob dieser Scheibe vielleicht das gewisse etwas fehlen würde. Doch das war beim ersten Hören. Jeder weitere Durchgang ließ diesen Longplayer interessanter erscheinen.

Nicht zuletzt bietet sein drittes Album mit Tracks wie „Just Chillin’“ und „All The Way“ zwei kräftig groovende Nummern. Letzter Song ist noch sehr nah am „alten“ Craig David-Sound – verständlich, dass er nicht nur das Album anführt, sondern auch zur ersten Single wurde. Auf der anderen Seite repräsentiert kein Stück „The Story Goes…“ so schlecht wie „All The Way“, ist der Rest doch ganz anders.

Typischer ist Track 2, denn in der Art von „Don’t Love You No More (I’m Sorry) hat der Brite noch mehr geliefert. Hier klingt er sehr radiofreundlich, ohne die intime Annäherung an Pop und Mainstream mit Qualitätseinbußen erkauft zu haben. Background für dieses Lied ist übrigens die Trennung von seiner damaligen Freundin, die damit nicht zurecht kam, dass sich Craig David mehr um seine Musik als um sie kümmerte. Da passt es, wenn der Künstler sagt, jedes Album sei ein Kapitel in seinem Leben und dieses würde sehr viel darüber aussagen, wie er ist.

Auf jeden Fall klingt „The Story Goes…“ deutlich amerikanischer, ohne sich allerdings – was dann wünschenswert gewesen wäre – tiefer im klassischen R&B zu verwurzeln. Ein gewisser poppiger Touch bleibt, da hat er die Wende nicht konsequent genug betrieben, wenn ihr mich fragt. Da ist ihm sein Landsmann Lemar voraus.

Vom synthetischen, auf angenehme Weise sterilen Klang früherer Zeit hat sich Craig David mehr zum Gitarrensound hin orientiert. Ob das klug war? Auch wenn er damit ein Markenzeichen aufgegeben hat, macht er seinen R&B trotzdem nicht wie alle anderen, bleibt unterscheidbar und zwar richtig! Viele R&B-Künstler haben leider kein klares eigenes Profil entwickelt.

Was das Songwriting angeht, gibt es Höhen und Tiefen – auch seine großartige Stimme lässt manchen Vers nicht weniger einfältig klingen. Auf der anderen Seite hat der Künstler diesmal einige Starke Texte auf seinem Album, so etwa bei „Thief In The Night“, bei dem er seinen Schmerz beschreibt, den er fühlt, weil sein bester Freund ihn mit seiner Freundin betrügt und er nicht weiß, wer von beiden ihm mehr weh tut.

Künstler: Craig David | Album: The Story Goes… | Label: Warner | VÖ: 29. August 2005

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Oliver Springer gehört neben Jörg Wachsmuth zu den Gründern von rap2soul. Er lernte Hörfunk ab 1994 bei JAM FM und moderierte dort fast 12 Jahre. Später war der ausgebildete PR-Berater er als Pro-Blogger tätig. Gemeinsam mit Wachsmuth entwickelte Springer den Digitalradiosender PELI ONE - Dein neues Urban Music Radio, bei dem er seit 2018 den Nachmittag in der Drive Time moderiert.