Brandy – The Best Of Brandy

Brandy’s Stern strahlt in letzter Zeit längst nicht mehr so hell wie einst. Kommerziell gesehen. „Afrodisiac“ erreichte nicht im Ansatz die Verkaufszahlen der Vorgänger, weshalb sie das Label Atlantic sogar verlässt. Schon klar, dass die Firma da noch mal mit dem „The Best Of Brandy“ sehen will, was der Songbestand wert ist…und an Dollars in die Kassen spült.

Überraschender Weise ist diese CD recht ausgewogen, was die zeitliche Herkunft der Songs angeht, da scheint keine Phase überrepräsentiert zu sein, „The Best Of Brandy“ gibt einen guten Überblick über Brandy’s Gesangskarriere.

Klar hat jeder seine eigenen Favoriten, weshalb jede Plattenfirma stets daneben liegen muss und den Anspruch, das Beste eines Künstlers auf eine einzige CD zu pressen, nicht einlösen kann. Klar auch, dass Plattenfirmen die Hits, mit denen so gut verdient wurde, besonders gut finden und eher nicht die Songs, die es nie bis zur Single geschafft haben.

Im Fall von Brandy, die stets hohe Qualität geliefert hat, können auch die meisten in den Charts erfolgreichen Titel dem anspruchsvollen Fan moderner R&B-Music große Freude bereiten. Warum gleich der erste Track ihr Duett „The Boy Is Mine“ mit Monica ist, der ja schließlich weniger zu ihrer eigenen Karriere als zu der von Monica gehört, stimmt mich nachdenklich. Ein Solostück – und zwar ohne Features! – wäre meiner Meinung nach passender gewesen. Immerhin ist der Song selbst große Klasse.

Auf Track 2, „Top Of The World“, gibt Rapper Ma$e den Ton an, das Stück gehört sicher nicht zum Besten, was Brandy bislang aufgenommen hat. Beim dritten Lied, Brandy’s Interpretation des Phil Collins-Megahits „Another Day In Paradise“, das sie gemeinsam mit ihrem Bruder Ray-J vorträgt, ist die Wahl auf eine schlechte Version gefallen, denn es gibt richtig gute Remixe davon – warum hat man die nicht genommen?!

Aus vollem Herzen zufrieden bin ich erst beim vierten Track, „Who Is She 2 U“, bei dem Timbaland die Talente von Brandy hochwirksam in Szene setzt. Ob es sich hier um eine Auswahl nach Qualität handelt, will ich indes bezweifeln, denn zum Veröffentlichungszeitpunkt von „The Best Of Brandy“ war „Who Is She 2 U“ die aktuelle Single, weshalb sie hier nicht fehlen darf.

Positiv hervorzuheben sind noch der Remix von „I Wanna Be Down“, auf dem die weiblichen Rap-Legenden Queen Latifah, Yoyo und MC Lyte zu Gast sind sowie „Sittin’ Up In My Room“, dem Top-Track aus dem auch sonst sehr guten Soundtrack von „Waiting To Exhale“. Schön, dass auch „Baby“ und „Rock With You“ den Weg auf „The Best Of Brandy“ gefunden haben, wobei Brandy bei letzterem Stück nur gemeinsam mit Heavy D. bei Quincy Jones zu Gast ist, der dem Michael Jackson-Klassiker eine mindestens ebenso starke Version gegenüberstellt (ursprünglich auf „Q’s Jook Joint“ veröffentlicht).

Brandy gehört zu den Künstlern, die eher selten neues Material veröffentlichen, doch in zehn Jahren ist ohne Frage genug Songmaterial zusammen gekommen, um die Veröffentlichung eines Best Of-Albums zu rechtfertigen. Auch wenn die Songauswahl stark von kommerziellen Aspekten geleitet wurde, ist „The Best Of Brandy“ im Bereich der Best Of-CDs eine der Besten. Das liegt dann allerdings nicht unwesentlich an der allgemein hohen Qualität, die wir von Brandy gewohnt sind.

Wer schon eine große Brandy-Sammlung sein Eigen nennen kann, braucht dieses Album nicht, und wer noch am Anfang des Sammelns steht, ist besser damit beraten, sich alle Alben von Brandy zu holen. Aufgrund der Verkaufserfolge zumindest früherer Tage sollte der Nachschub an gebrauchten CDs von ihr auf lange Zeit gesichert sein.

Ein gutes Geschenk für R&B-Fans ohne Brandy-Sammlung ist „The Best Of Brandy“ allerdings allemal. Und mach Fan möchte eh jede veröffentliche CD von ihr haben, hier bekommt er was für sein Geld. Ihr merkt, ich zweifle gerade wieder am Sinn von Best-Of-Alben – doch keinesfalls an Brandy!

Künstler: Brandy | Album: The Best Of Brandy | Label: Atlantic | VÖ: 4. April 2005

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Oliver Springer gehört neben Jörg Wachsmuth zu den Gründern von rap2soul. Er lernte Hörfunk ab 1994 bei JAM FM und moderierte dort fast 12 Jahre. Später war der ausgebildete PR-Berater er als Pro-Blogger tätig. Gemeinsam mit Wachsmuth entwickelte Springer den Digitalradiosender PELI ONE - Dein neues Urban Music Radio, bei dem er seit 2018 den Nachmittag in der Drive Time moderiert.

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