Conya Doss – Love Rain Down

Ist das noch Neo Soul oder schon einen Schritt weiter? Conya Doss aus Cleveland, Ohio hat eine Stimme (vor allem bei tieferen Tönen) und einen Stil, der an Mary J. Blige erinnert, doch die Instrumentierung geht überhaupt nicht in Richtung Hip-Hop Soul, sondern…ja, Richtung Neo Soul. Auch optisch präsentiert sich die Künstlerin auf ihrem dritten Album passend dazu mit Afro-Frisur.

Die Bewertung damit enden zu lassen, würde hingegen klar zu kurz greifen. „Love Rain Down“ sticht qualitativ zwar nicht aus der Masse hervor, bietet aber ein paar schöne Ideen und eine insgesamt solide Produktion. Ein Track wie „Let Ya Know“, der entspannt aber kräftig groovt, geht es ins Ohr, um da so schnell nicht wieder heraus zu kommen.

Die Song-Mischung auf „Love Rain Down“ wirkt etwas unausgewogen: Während manche Lieder stark auf Gitarrenbegleitung und relaxte Geradlinigkeit setzen, sind andere mit unruhigen Beats ausgestattet und klingen dazu recht spitz.

Sympathisch ist mir, dass Conya Doss ihre Stimme ziemlich natürlich präsentiert und nicht hat rund schleifen lassen. Dadurch sind die Schwächen zu hören. Das kann sie sich als echte Sängerin leisten, doch den einen oder anderen Track hätte vielleicht besser tauschen sollen gegen Material, bei dem sie ihre Stärken besser hätte ausspielen können. Mit dem ersten Track „Tell Me Why“ kann sie das; sie klingt besser, wenn sie kehlig-leidenschaftlich und nicht so entspannt singt wie etwa bei dem nicht so gelungenen „Sign“.

Für ein Album abseits des Mainstreams ist „Love Rain Down“ erstaunlich konservativ, was nichts Schlechtes ist, denn innerhalb dieses Rahmens ist es wiederum vergleichsweise innovativ. Einzige klare Ausnahme ist der Schlusstrack „Why Did You“, bei dem für meinen Geschmack zu viel in ein Stück gepackt wurde – dazu kommt die sehr unruhige Stimmung in Verbindung mit einer Stimmlage, mit der sich Conya Doss keinen Gefallen tut.

Beim Titeltrack „Love Rain Down“ hätte es dagegen eine Idee mehr sein dürfen, klingt er doch etwas sehr eingängig – durchaus angenehm! Es ist wie mit Suppe ohne Geschmacksverstärker: schmeckt manchmal etwas dünn, ist aber ehrlicher. Überladene Alben mit zu vielen großen Produzenten auf einmal, die die Tracks voll stopfen, bis sie kaum noch rund laufen können, gibt allemal genug.

Meine Frage vom Anfang möchte ich hier beantworten: Bei Neo Soul ist „Love Rain Down“ im Regal gut aufhoben – ergänzen wir einfach noch „light“!

Künstler: Conya Doss | Album: Love Rain Down | Label: Dôme (rough trade) | VÖ: 8. September 2006

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Oliver Springer gehört neben Jörg Wachsmuth zu den Gründern von rap2soul. Er lernte Hörfunk ab 1994 bei JAM FM und moderierte dort fast 12 Jahre. Später war der ausgebildete PR-Berater er als Pro-Blogger tätig. Gemeinsam mit Wachsmuth entwickelte Springer den Digitalradiosender PELI ONE - Dein neues Urban Music Radio, bei dem er seit 2018 den Nachmittag in der Drive Time moderiert.