Buch von Kollegah: „Das ist Alpha!“ (Rezension)

Die 10 Boss-Gebote | Boss werden, um frei und selbstbestimmt zu leben

Kollegah hat ein Buch geschrieben, das einerseits ein nützlicher Ratgeber ist, andererseits eine Menge Stoff für Diskussionen bietet. Deshalb ist es mein voller Ernst, wenn ich sage: „Das ist Alpha! Die 10 Boss-Gebote“ sollte Unterrichtsthema in Schulen sein.

Buch von Kollegah: „Das ist Alpha! Die 10 Boss-Gebote | Grafik: rap2soul mit Pressebild (Verlag riva)

Es handelt es sich um einen locker und gut verständlich geschriebenen Ratgeber, dem allerdings ein Weltbild männlicher Dominanz zugrunde liegt, das vollkommen aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Letzteres ist allerdings ein Trugschluss, denn weite Teile der Bevölkerung sind (nicht nur in diesem Punkt) längst nicht so tolerant und fortschrittlich, wie es die heutzutage verordnete Political Correctness befiehlt.

Das Buch als „Macho-Machwerk“ mit „Steinzeit-Sexismus“ zu verurteilen, ist deshalb vollkommen verfehlt. Wenn schon, dann vertritt Kollegah in manchen Punkten Ansichten von gerade mal gestern – an denen viele heute noch hängen. Muss man nicht gut finden, ist aber wichtig zu erkennen.

Anders als die Songtexte

Im Vergleich zu manchen seiner Songtexte ist der Inhalt von „Das ist Alpha! Die 10 Boss-Gebote“ fast schon zu brav. Das Buch enthält gerade genug Provokationen, damit diejenigen, die sich so gerne über den Rapper aufregen, genug Stoff haben, um sich zu empören und so die mediale Aufmerksamkeit schaffen, damit „Das ist Alpha!“ zum Bestseller werden konnte.

Und hey, der Mann hat ein Image zu verteidigen! Seine Fans haben Erwartungen, da kann er es sich kaum leisten, total aus der über Jahre sehr erfolgreich aufgebauten Rolle zu fallen. Das Buch ist schließlich nicht unter seinem bürgerlichen Namen Felix Blume, sondern unter seinem Künstlernamen Kollegah erschienen.

Kollegah ist schon lange einer der großen im Deutschrap und hat 2016 sein eigenes Label Alpha Music Empire gegründet und vorher auch schon ein erfolgreiches Fitness- und Ernährungsprogramm gestartet. Was das Boss-sein angeht, hat Kollegah also nachweislich Erfahrung.

Das ist aber nicht die Hauptsache. In erster Linie geht es darum, die richtige Einstellung zu entwickeln: das Alpha-Mindset. Dazu gehört auch eine vernünftige Einstellung zu Geld.

Geld ist die Lösung für die meisten Probleme

Viel davon haben zu wollen, ist erstrebenswert, weil wir mit genug Geld die meisten Alltagsprobleme einfach los sind, glaubt Kollegah. Trotzdem ist Geld für ihn nur Mittel zum Zweck. Geld wird unser Leben nur positiv beeinflussen, wenn wir es richtig einsetzen.

Folgendes Zitat ist groß hervorgehoben: „Ich baue mir selbstständig ein Vermögen auf, um ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung zu führen!“ Das bringt auf den Punkt, was das Ziel des Ganzen ist, warum man überhaupt so hart an sich arbeiten soll.

Auf Seite 41 heißt es: „Ein Boss führt ein selbstbestimmtes Leben! Niemand ist ihm übergestellt und entscheidet über ihn. Er allein bestimmt, was er tut und was er nicht tut. Also nix wie raus aus der Tretmühle! Schrauben wir unsere Stahleier mal kurz fest, gehen da raus in die Welt und fangen an, unser Geld selbstständig zu verdienen.“

So weit keine Überraschung, aber was kurz danach kommt, klingt viel respektvoller, als es die meisten von Kollegah erwarten würden: „Ja sicher, Normalo-Jobs haben auch ihre Existenzberechtigung und sind absolut ehrenwert und wichtig für die Gesellschaft. Das hier soll auch keine Herabwürdigung all jener ‚Normalos‘ sein, die jeden Tag fleißig ihrem Job nachgehen und dabei noch glücklich sind. Alles super. Aber wir sind nur mal keine Normalos! Wir sind Alphas!“

Frauen, Geld und Freiheit

Der Autor macht keinen Hehl daraus, dass er ein Buch für Männer geschrieben hat. Das ist wichtig zu wissen für das folgende Buchzitat: „Was sind die Grundbedürfnisse eines jeden Mannes? Frauen, Geld und Freiheit haben wir gesagt. Wenn wir darüber nachdenken, wird uns klar, dass alles miteinander zusammenhängt. Die Fragen meiner Fans, die mich erreichen – à la ‚Wie werde ich reich? Wie kriege ich Frauen rum? Wie komme ich aus dem Hamsterrad raus?‘ -, sind nicht ganz richtig gestellt. Man muss vielmehr nach dem Oberbegriff fragen, der das alles abdeckt. Wer hat denn Frauen, Geld und Freiheit im Überfluss? Richtig, ein Boss. Bist du Boss, hast du alles, was du brauchst und noch viel mehr. Die eigentliche Kernfrage lautet also: Wie werde ich Boss?“

Zwei Seiten später gibt Kollegah die Antwort: „Kämpfe, arbeite, sei ein Mann und höre nicht auf den Schrott, den dir irgendwelche Leute erzählen, die ‚es gut mir dir meinen‘. Ein Boss zu werden bedeutet nicht, ein Leben zu führen, das anderen gefällt. Leb dein Leben, wie DU es für richtig hältst, denn du hast nur dieses eine. Boss zu sein bedeutet, ständige Anstrengung und harte Arbeit, vor allem an sich selbst. Von nichts kommt nichts. Von viel kommt viel und von mehr kommt mehr. Kein Hindernis ist zu groß, um überwunden zu werden. Aber du musst kämpfen bis zum Umfallen, das Ganze ist kein Spaziergang. Wenn du den Weg zum inneren Seelenfrieden ohne Anstrengung suchst, zieh‘ dir eine Gymnastikhose an, leg dich auf eine Yoga-Matte und schlürf‘ Tee. Hier bist du dann ganz falsch.“

Locker mit Fehlschlägen umgehen

Zu den besten Ratschlägen gehört ein entspannter Umgang mit Fehlern (ab Seite 145): „Rechne mit Fehlern, mit vielen davon. Und nutze die Erkenntnis, die du aus ihnen gewonnen hast, für jeden weiteren Versuche, ganz gleich, wie viele es sein mögen. Wichtig ist in diesem Fall auch, dass du dir deinen Humor bewahrst. Ich meine nicht, dass du jede Niederlage mit einem Lächeln und einem Achselzucken überspielen sollst. Nein, du sollst das tun, was man gemeinhin als ‚es locker nehmen‘ bezeichnet, ganz gleich, wie schwer es dir fallen mag. Vergiss nicht, du bist nur der winzig kleine Teil eines winzig kleinen Planeten am äußersten Rand einer von zigtausenden Galaxien. Verliere also nie die Verhältnismäßigkeit aus den Augen. Ganz abgesehen davon, dass niemand Bock hat, ständig in ein vor Verbitterung zerfurchtes Gesicht zu blicken. Und denk‘ immer daran, wenn du mit dem Gedanken spielst, aufzugeben, dass damit all deine Erfahrungen verschwendet wären. Wahrhaft unnützes Wissen.“

Dem Autor Arroganz und Selbstverliebtheit vorzuwerfen entbehrt zwar nicht jeder Grundlage, aber erstens kommt Kollegah nun mal aus dem Hip-Hop – dick auftragen gehört zur DNS des Genres! – und zweitens zeigen Abschnitte wie der gerade zitierte, dass er seinen Platz im Universum erkannt hat.

Bildung ist wichtig

Im Buch wird ganz klar empfohlen, sich sein eigenes Business aufzubauen, das mit dem Boss-sein ist insofern wörtlich zu nehmen, aber Kollegah schreibt dann auch:

„Das alles bedeutet natürlich nicht, dass Du wie ein Vollidiot von heute auf morgen die Schule oder den Job schmeißen sollst und dich nur noch um deine selbstständigen Vorhaben kümmerst. Du willst nicht riskieren, unter der Brücke zu landen (Shoutouts nach Berlin). Also beendest du die Schule, denn du brauchst immer einen Plan B. Falls dein selbstständiges Business nicht läuft, solltest du lieber weich fallen statt hart. Auf der Baustelle zu ackern ist kein Spaß! Dann lieber in irgendeinem Office sitzen, wo man eventuell wenigstens die Pausen nutzen kann, um sein eigenes Business am PC weiterzupushen oder durch Bücherlesen an seinem Alpha-Mindset zu arbeiten. Mit einem guten Schulabschluss hast du auch heutzutage noch wesentlich bessere Chancen auf einigermaßen erträgliche und gut bezahlte Jobs als ohne! Außerdem nimmst du in unserem Schulsystem immer noch wertvolle Dinge mit, die dir generell im Leben Vorteile verschaffen. Eine gewisse Allgemeinbildung, soziale Kompetenzen sowie mathematische und sprachliche Grundfertigkeiten sind grundsätzlich von großem Vorteil, egal welchen Karriereweg du später einschlägst.“

Kollegah ist gegen Drogen

Im letzten kleinen Auszug aus „Das ist Alpha! Die 10 Boss-Gebote“ geht es um Drogen. Kollegah erzählt, dass er selbst so gut wie alle geläufigen Drogen probiert hätte, rät dann aber: „Also mein Freund: Scheiß drauf, was in Deinem Umfeld als ‚cool‘ gilt – seien es Diebstähle oder sinnlose Schlägereien! Das gilt erst recht, wenn Drogen im Spiel sind. In den 1970er-Jahren war es LSD, in den 1980ern war es Kokain, heutzutage sind es Codein und Marihuana. Aktuell wimmelt es von Junkie-Rappern, die einen Drogen-Lifestyle glorifizieren. Feiere deren Musik, von mir aus, aber adaptiere nicht den Lebensstil, der hier vorgelebt wird. Das Meiste davon ist sowieso Schauspielerei, denn niemand wird wirklich erfolgreich, wenn er dauerdruff ist. Drogen zerstören dich langfristig mental und physisch und hindern dich in deinem Weiterkommen.“

Der Autor verdient Anerkennung

Vieles von dem, was in diesem Buch steht, gab es bereits in zahlreichen anderen Selbsthilfe- und Erfolgsbüchern zu lesen. Mit der direkten Ansprache im „typischen Kollegah-Sound“ (mit dem Begriff preist der riva-Verlag den Titel an) erreicht Kollegah eine junge Zielgruppe, welche nur selten typische Ratgeberliteratur liest. Das ist ein Verdienst, der Anerkennung wert ist.

Ich will das Buch gar nicht übermäßig loben und schon gar nicht verschweigen, dass der Autor ein paar Ansichten vertritt, die ich nicht teile. Im Großen und Ganzen ist das aber ein Ratgeber, aus dem man einiges mitnehmen kann. Das Buch ist ganz klar für Männer geschrieben, was er über Frauen sagt, ist das, was am meisten Kritik hervorruft. Trotzdem wag ich mich mal so weit vor zu sagen, dass Frauen von diesem Buch sogar mehr haben als Männer.

Der eine Grund ist: Was Kollegah darin sagt, ist nicht alles neu, aber im Gegensatz zu Frauen haben Männer vieles davon schon ganz oft gesagt bekommen. Der zweite Grund, warum „Das ist Alpha!“ meiner Meinung gerade Frauen lesen sollten, ist: Es ist ein deutliches Kontrastprogramm zu dem, was in für Frauen geschriebenen Ratgebern zu finden ist. Das könnte erfrischend sein, auch oder sogar wenn man sich an manchen Stellen ärgert, denn das bedeutet, dass man sich aktiv mit dem Inhalt auseinandersetzt, statt das Ganze nur so als Wohlfühlprogramm vor sich sich hin zu lesen.

Über Oliver Springer 339 Artikel
Oliver Springer gehört neben Jörg Wachsmuth zu den Gründern von rap2soul. Er lernte Hörfunk ab 1994 bei JAM FM und moderierte dort fast 12 Jahre. Später war der ausgebildete PR-Berater er als Pro-Blogger tätig. Gemeinsam mit Wachsmuth entwickelte Springer den Digitalradiosender PELI ONE - Dein neues Urban Music Radio, bei dem er seit 2018 den Nachmittag in der Drive Time moderiert.

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