UnterWortverdacht – Das rap2soul Interview

Da hat rap2soul doch tatsächlich das Glück mit „Unter Wortverdacht“ ein Telefoninterview zu führen. Gerade ist das Debütalbum „Aufstand der Aufrechten“ auf den Weg in den Plattenladen, als rap2soul-Chefredakteur Jörg Wachsmuth am Telefon im Frankfurter 3p-Headquater Bayz Benzon und Ca$$io begrüßen darf.

rap2soul: Wie kommt man auf so einen Namen wie „Unter Wortverdacht“?

Bayz Benzon: Den Namen gibt es schon echt lange. Der ist einem aus unserer Band eingefallen. Der heute gar nicht hier ist. Ich glaube es lag daran, dass er einfach einige Nächte zu lange wach war und zu viele Wodkas getrunken hat.

rap2soul: Also müsste es eigentlich Unter Wodkaeinfluss heißen, aber das hat euch nicht gefallen?

Ca$$io: Genau.

UnterWortverdacht
UnterWortverdacht

rap2soul: Ihr seid jetzt nur zwei, Unter Wortverdacht sind aber vier Leute, wer gehört dann alles dazu?

Ca$$io: Ich der Ca$$, der Bayz Benzon, der Boots Boro und Maz Barak.

rap2soul: Wie habt ihr euch zusammen gefunden?

Ca$$io: Ich hab damals den Boots kennen gelernt, das war 1997, durch einen Kumpel von mir, der mich damals produziert hat. Ich hab damals angefangen zu rappen, hatte noch keine Ahnung vom Beats produzieren, vom Know-how usw. Hab dann über einen Kumpel, der die Beats gemacht hat den Maz kennen gelernt. Der kannte damals schon den Bayz und den Boots, die das ganze Equipment hatten. Damals hat er einen Song aufgenommen, den er vorgespielt hat und ich war einfach begeistert von dem Track. Und dann haben wir uns alle zusammengefunden und es entstand die Vision das wir im deutschen Hip-Hop mitmischen müssen und jetzt 10 Jahre später sitzen wir hier.

rap2soul: Wie seid ihr auf 3p gekommen oder wie ist 3p auf Euch gekommen?

Bayz Benzon: Ich bin 2001 schon zu 3p gekommen, hab angefangen so Website zu machen und Onlinekram. Die ersten ein zwei Jahre habe ich auch nicht erzählt, das ich eine Band habe und Musik mache. Man muss sich auch erstmal zu Recht finden, wenn Du in einem professionellen Künstlerumfeld bist. Dann muss man sich erstmal dran gewöhnen. Irgendwann haben wir mal ein Demo fertig gehabt und es hier abgegeben und daraufhin haben wir unseren Verlagsvertrag mit 3p-Songs bekommen. Von der Kohle konnten wir uns professionellen Kram kaufen, um die Sachen ein bisschen besser zu machen. Dann kam eins zum anderen, die Jahre sind ins Land gezogen, wir haben immer mehr Tracks gemacht. Irgendwann habe ich dann angefangen mit Moses eine Radiosendung zu machen und dadurch ist unsere Zusammenarbeit viel enger geworden und viel intensiver. Dann wurde es auch mal Zeit für das UWVD Album.

rap2soul: Die Single „Der Schein trügt“ ist ja eine Internetgeschichte gewesen, wie seit ihr auf die Idee gekommen das so zu machen?

Bayz Benzon: Wir haben im vergangen Jahr viele Songs zusammengestellt und dann haben wir überlegt, was kann aufs Album kommen, was kann nicht aufs Album kommen und dann hatten wir die Ansätze der beiden „Der Schein trügt“ Teile und haben überlegt, wie können wir daraus etwas interessantes bauen. Wir hatten natürlich erstmal große Teile des ersten Teils und haben uns gedacht, eigentlich ist das schon etwas oberlehrerhaft was wir da vermitteln. Wie können wir das irgendwie den Leuten zeigen, dass die Menschheit das auf einem Weg erfährt, der nicht unbedingt konventionell ist. Da haben wir gedacht, wir stellen den einen Teil nur so lange online, dann nehmen wir ihn wieder weg und stellen den zweiten Teil online. Wir sind davon ausgegangen, dass auf den zweiten Teil viel mehr Leute anspringen und uns auf jeden Fall missverstehen werden. Weil, wenn du nur den zweiten Teil kennst, dann denkst du dir, dass sind wieder nur irgendwelche Deppen, die alle abfucken wollen. Aber genau das ist nicht der Fall. Aber man musste sich schon mit der Sache auseinandersetzen um wirklich dahinter zu kommen, was wir mit der Sache meinen. Und das ist eigentlich schon alles. Wir wollten, dass die Leute sich damit beschäftigen. Die Resonanz war super. Das hat polarisiert. Aber genau das wollten wir auch, darauf war das angelegt. Cool!

rap2soul: Die neue Single „Himmelgrau“ war verschoben, es sollte noch ein Video gedreht werden.

Bayz Benzon: Das ist ein cooles Video geworden. Wir haben das kurzfristig realisiert. Es fängt an, das ich in der Bar sitze und mich betrinke und halt merke, dass ich hier einfach raus muss. Und dann renne ich einfach durch die ganze Stadt Frankfurt ins nichts und versuche mich frei zu laufen, wegzukommen, zu flüchten. Dagegen sind Performancesachen geschnitten an unterschiedlichen Locations in der Stadt.

rap2soul: Wie kommt ihr auf die Texte? Sind das persönliche Erlebnisse…oder wie entstehen die?

Bayz Benzon: Wir sind vier unterschiedliche Leute. Jeder hat andere Interessen, andere Freundeskreise, andere Ansichten von der Welt. Jeder versucht seinen Teil einzubringen. Bei „Himmelgrau“ oder „Aufstand der Aufrechten“ das sind schon größtenteils autobiografische Erfahrungen. Himmelgrau im speziellen, das habe ich wirklich vor zwei drei Jahren geschrieben, als es mir schlecht ging. Ich hatte auch nie vor, daraus einen Song zu machen, der veröffentlicht wird. Irgendwann ist der Song auf einer CD gelandet und Moses sollte sich diese CD gar nicht bis zum Ende anhören. Hat es dann aber trotzdem gemacht. Und hat den Song einfach so Hammer gefunden, das er gesagt hat wir müssen daraus etwas machen. Gebt das Acapella her, ich will das Remixen. Und nachdem wir den Remix gehört hatten war klar, das ist ein krasses Ding geworden. Lasst es uns zur Single machen.

rap2soul: Mit der Resonanz der Hörfunksender seid ihr noch nicht glücklich, steht im Newsletter.

Bayz Benzon: Da hat du Recht, sehr viele Sender sind da noch so verhalten. Das ist so ein Teufelskreis, weißt ja wie das ist. Wenn dich erstmal ein paar große Sender spielen, dann wollen dich alle plötzlich spielen. Aber am Anfang hat keiner so richtig Lust einzusteigen. Aber ich hoffe das da unsere Radiopromoter noch mal Gas geben und das da was passiert so.

UnterWortverdacht - Aufstand der Aufrechten
UnterWortverdacht - Aufstand der Aufrechten

rap2soul: Das Album „Aufstand der Aufrechten“, was sind die Highlights?

Ca$$io: Die Single Himmelgrau, dann haben wir unseren Titeltrack „Aufstand der Aufrechten“, der ja auch über die Black Limited raus gekommen ist. Einfach auch sehr viel persönliche Sachen darauf. Und tiefgründige tiefsinnige Sachen, ich finde jeder Track ist ein Highlight für sich. Ich könnte nicht sagen was mein Lieblingstrack darauf ist. Es ist für sich so rund geworden, jeder Track ist so ein kleines Highlight für sich. Einfach mal reinhören…

Bayz Benzon: Wie haben uns bei der Auswahl der Titel schon sehr viele Gedanken gemacht. Wir haben natürlich auch viele Titel aufgenommen, die nicht auf dem Album sind, gerade sehr viele Battle Sachen. Solche Songs wie „Wir sind einfach die geilsten“, die haben nur eine geringe Haltbarkeit, hörste zehnmal dann ist gut. Wir haben bei dem Album gedacht, das es in zwei Jahren einfach auch noch hörbar sein muss. Das es etwas vermittelt.

rap2soul: Wie viele Titel sind jetzt erstmal im Müll gelandet?

Bayz Benzon: Kommt drauf an, über welchen Zeitraum wir sprechen. Auf dem Album sind jetzt nur Tracks die so in zwei drei Jahren entstanden sind, der älteste Titel ist drei Jahre alt und wenn man mal zählt was wir in den letzten drei Jahren gemacht haben, dann sind es schon 40 bis 50 Titel geworden. Ursprünglich waren wir bei 17 Titeln für das Album, da haben wir dann noch ein paar runter geschmissen um da so ein Gesamtgefüge hinzubekommen.

rap2soul: Wir werden also noch was hören von euch.

Bayz Benzon: Wir haben jetzt ein paar Exklusives raus gegeben und B-Sides rausgesucht. Wie das bei einem Debütalbum so ist, da hat sich in zehn Jahren Bandgeschichte eine Menge aufgestaut und das werden wir bei einem Nachfolgealbum anders machen. Da setzt man sich dann mal vier Monate hin, schreibt Titel und bringt die dann so raus. Das ist hier einfach nicht der Fall.

rap2soul: UWVD ist 10 Jahre Bandgeschichte, könnt ihr euch noch an den ersten Auftritt erinnern?

Ca$$io: Wir haben natürlich viele kleine Auftritte gemacht, sehr unprofessionelle Auftritte und haben unsere Erfahrungen so gesammelt. Es sind schon sehr witzige Sachen passiert. Wir sind damals so in Frankfurt aufgetreten und hatten ein Lied wo es um Mädels ging, die den Club abchecken wollen. Und unsere ganze Gage wollten wir in so Tänzerinnen investieren, die sich auf der Bühne ausziehen. Leider haben wir damals keine Stripperinnen gefunden die das machen. Da ist ein Freund von uns in den Puff gefahren und hat eine Hure geholt, die sich dann beim Auftritt ausgezogen hat und genau in diesem Moment ist dann eine Massenschlägerei ausgebrochen. Das waren dann so witzige Erfahrungen.

rap2soul: Kein Ärger mit Eltern?

Ca$$io: Nein, die waren zum Glück nicht anwesend. Die haben sich daraus gehalten

rap2soul: Ihr seid vier Leute, war das immer so?

Bayz Benzon: Klar gab es den einen oder anderen der mal dabei war, ein paar Monate etwas gemacht hat, mal ein DJ oder ein Sänger. Am Ende sind wir vier das, waren das und werden das bleiben. Gibt aber schon ein fünftes Mitglied das ist Antonny Richmond, mein Produktionspartner. Der hat eine Menge gemacht bei der Platte, dem haben wir viel zu verdanken.

rap2soul: Die Entscheidung in die Musik zu gehen ist mit Risiken. Wie sieht das bei euch aus?

Bayz Benzon: Jeder von uns hat noch sein Standbein, hat sein Job, geht zur Schule.

rap2soul: Wo seht ihr UWVD in fünf Jahren?

Ca$$io: Wir glauben das „Aufstand der Aufrechten“ ein Klassiker wird, auch wenn das viele Leute jetzt noch nicht verstehen, aber in fünf Jahren, wenn wir dann ein paar Alben draußen haben und zu so Megastars geworden sind, dann werden die Leute spätestens auch dieses Album verstehen. Und alle zurückblicken, damals haben wir es nicht verstanden, aber jetzt wissen wir wie es läuft.

rap2soul: Und jetzt die Vorbilder…

Ca$$io: Bei mir hat das so angefangen, als ich jünger war, 13-14, habe ich mehr Musik aus dem Rockbereich gehört und meine Schwester hat mir RHP vorgespielt, was ich absolut flashig fand zu der Zeit und was mich absolute geprägt hat. Ist schon ein krasses Vorbild. Ich höre eigentlich weniger deutschen Hip-Hop, mehr den amerikanischen und da gibt es einfach viele die gut sind und ein inspirieren oder motivieren zu schreiben. In Deutschland gibt es leider nur fünf bis acht große, die mich auch inspirieren.

rap2soul: Große Deutsche Hip-Hopper. Moses gehört sicher dazu…

Bayz Benzon: Moses ist einfach ein krasser Typ, seine Geschichte ist einzigartig und ich hatte einfach das Glück mit ihm in den vergangenen zwei Jahren enger zusammenarbeiten zu dürfen.

rap2soul: Mit wem wollt ihr arbeiten?

Bayz Benzon: Am Ende des Tages gibt es schon viele wo man was gut findet. Azad, Freundeskreis, Curse, Savas finden wir cool, die Liste könnten wir weiterführen,…

Künstler: UnterWortverdacht | Album: Aufstand der Aufrechten | Label: 3p | VÖ: 31. März 2006

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Jörg Wachsmuth gehört zu den beiden Gründern von rap2soul. Er ist Chefredakteur des Portals. Wachsmuth gehörte zur OffAir-Crew von Kiss FM Berlin, war von 1994 bis 2005 Moderator und Redakteur bei Radio Jam FM und später als Moderator von Radio BHeins in Potsdam (2015 - 2018). Aktuell ist er Chef und Morgenmoderator bei PELI ONE - Dein neues Urban Music Radio. Der ausgebildete PR-Berater und Journalist ist auch Mitglied der Jury 25 "Soul, R&B und Hip Hop" beim Preis der deutschen Schallplattenkritik e.V.

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