Jamie Foxx – Unpredictable

Kennt Ihr den? Sagt ein Komiker: „Ich bin der Retter des R&B.“ Wie der Joke weiter geht? Das hört Ihr auf „Unpredictable“ von Jamie Foxx. Mit Statements wie diesen lehnt sich Oskargewinner Jamie Foxx weit aus dem Fenster. Wer soviel Rückenwind bekommt wie derzeit Jamie Foxx verliert schon mal die Bodenhaftung und glaubt, fliegen zu können.

Sicher, in „Ray“ hat Jamie Foxx einem Millionenpublikum auf der großen Leinwand bewiesen, dass er den Soul im Blut hat und 2004 und 2005 als Gast auf „Slow Jamz“ (Twista ft. Jamie Foxx & Kanye West), „Gold Digger“ (Kanye West ft. Jamie Foxx) und „Georgia“ (Ludacris ft. Jamie Foxx & Field Mob) musikalisch Rückdeckung für seinen zweiten Longplayer vorbereitet. Mehr als zehn Jahre nach seinem wenig erfolgreichen „Peep This“ gelingt ihm mit seinem zweiten Studioalbum der ganz große Wurf: Platz 1 der US-Album Charts. Das ist vielleicht die einzige Überraschung an dieser CD. Eine gute Platzierung, ja, die war zu erwarten, doch so gut?!

Musikalische Überraschungen fallen leider aus. Wenn die üblichen Starproduzenten (Babyface, Timbaland, Ron Feemster, Tank, Sean Garrett, Mike City und natürlich Kanye West) mit den üblichen Stars (Ludacriss, Twista, The Game, Snoop Dogg, Mary J. Blige, Common) klingt es halt irgendwie wie immer. Letztlich ist das ein Problem der Branche und von Mainstream R&B an sich, wobei die fantastischen Verkaufszahlen die Frage aufwerfen, ob man es unbedingt als Problem sehen muss.

In seiner Art gehört „Unpredictable“ jedoch zu den kreativen Arbeiten, denn auch wenn wir Alben wie diese ständig geliefert bekommen, gibt es in der Qualität doch deutliche Unterschiede und mal mehr, mal weniger, was man zumindest noch nicht genau so gehört hat. Ich gebe es zu: Ich freue mich schon, wenn die Songs zumindest so weit ein eigenes Profil haben, dass ich sie untereinander und mit Blick auf ähnliche Künstler auseinander halten kann.

Unterschlagen werden soll auch nicht, dass es ein Genuss ist, das Album zu hören. Es bietet genug Abwechslung, um zuzuhören und ist bei den meisten Tracks keine Ablenkung, um es als angenehmen Klangteppich für andere Aktivitäten zu verwenden.

Für einen Mann, der auf die 40 zugeht, lassen die Texte zuweilen an Tiefe zu wünschen übrig. Wenn er im Titelsong „I know you’re used to dinner an a movie – why not be my dinner while making a movie“ finde ich das nicht zu flach. Der Mann ist Komiker, und das ist ein hübsches Wortspiel! Doch ansonsten bietet der Song nur Versprechungen, bei denen nicht im Ansatz klar ist, wie der Sänger sie einlösen will. Der Frau, die er ins Bett bekommen möchte, verspricht er, dass er anders als die andere Kerle sei, viel kreativer und spontaner und er ihr Gefühle bereiten würde, dass sie sich am nächsten Morgen wie ein neuer Mensch fühlt. Zu allem Überfluss verwickelt er sich in Widersprüche: Einerseits geht es ja darum, dass der Sex mit ihm unvorhersehbar wird, andererseits heißt es schon am Anfang „I Got A Strategy“. Also was nun?

Bei Liedern wie diesen gehört nicht jedes Wort auf die Goldwage. In sich sollte es schon schlüssig sein. „C ain’t after A and B when you’re wit me – it don’t make sense right now but it will”. Eben das seh’ ich nicht!

Für mich symbolisiert dieser Text jedoch das Dilemma des ganzen Albums: Es zu vielen Recht machen zu wollen, damit es einer maximalen Anzahl an Käufern gefällt. So findet sich für das Album als Ganzes auch noch ein passendes Zitat aus dem Titeltrack: „Baby one plus one make two when you’re wit me“. Zu viel kühl kalkuliert, zu wenig Raum für echte Kunst.

Mit seiner Stimme und seinem Talent hätte es für mehr gereicht, weit mehr! Hat er denn von Ray Charles nicht mehr mitgenommen? Eine handvoll mit Tracks für die Charts und für den Rest des Albums was mit mehr Anspruch – so ein Album würde sich (zumal mit seinem Namen!) auch verkaufen. Das Feld, was er jetzt besetzt hat, kann er Chris Brown, Mario und Ne-Yo überlassen. Die sind nur halb so alt wie er und treffen bei mir auf mehr Verständnis dafür, finanziell für die Zukunft vorzusorgen.

Doch wie äußerte Jamie Foxx sich in einem Interview? Wenn man von der Bergspitze ein Stück weit absteigt ist man immer noch auf dem Berg und kann eine Menge sehen. So gesehen ist Jamie Foxx auf der Höhe.

Künstler: Jamie Foxx | Album: Unpredictable | Label: J Records | VÖ: 21. April 2006

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Oliver Springer gehört neben Jörg Wachsmuth zu den Gründern von rap2soul. Er lernte Hörfunk ab 1994 bei JAM FM und moderierte dort fast 12 Jahre. Später war der ausgebildete PR-Berater er als Pro-Blogger tätig. Gemeinsam mit Wachsmuth entwickelte Springer den Digitalradiosender PELI ONE - Dein neues Urban Music Radio, bei dem er seit 2018 den Nachmittag in der Drive Time moderiert.

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