Ne-Yo – Because Of You

Mit zu großen Erwartungen sollte man sich “Because Of You” nicht nähern, denn von einem Geniestreich ist Musikgenie Ne-Yo weit entfernt. Um seinem Talent gerecht zu werden, hätte es schon etwas mehr sein müssen: mehr Abwechslung, mehr Originalität, mehr Tiefe, mehr Mut.

Nun ist nichts dagegen zu sagen, vorsichtig zu sein, es mit Unkonventionalität nicht zu übertreiben, doch Falls Ne-Yo vorhat, sich neben seinem guten Ruf als Hit-Schreiber einen Namen als eigenständiger Künstler – nicht nur handwerklich guter Sänger – zu machen, sollte er zumindest ein paar Songs aufnehmen, mit denen er mehr Profil zeigen kann, die nicht ganz so glatt sind. Auf „Because Of You“ mit seinem Dutzend Tracks wäre genug Platz gewesen, diese einfach zusätzlich zu den Mainstream-R&B-Songs zu liefern.

Einiges von Michael Jacksons Stil der 80er zu übernehmen, ist eine gute Idee, um glattem R&B für die Charts ein interessantes Extra zu verpassen. Bei „Addicted“ und „Sex With My Ex“ folgt er dem Sound von Prince. Nett gemacht, aber wo ist der echte Ne-Yo?
„Because Of You“ gibt all denen Munition, die seit Jahren eine Krise des R&B predigen. Geradezu ärgerlich ist, was aus „Crazy“ nicht gemacht wurde. Das beginnt vielversprechend mit einem rund 30sekündigen Rap von Jay-Z, doch anstatt aus dem stimmlichen Kontrast der beiden einen starken Party-Track entstehen zu lassen, indem sie den ganzen Song gemeinsam angehen, wirkt es so, als ob von man von Jay-Z 30 Sekunden gekauft hätte, die er mit der Stoppuhr in der Hand abgeleistet hat. Geliefert wie bestellt. Nicht mit dem Herzen dabei.

Zweiter Gast ist American Idol-Finalistin Jennifer Hudson, die Ne-Yo bestens ergänzt: beeindruckende Stimme, doch genau so emotionsarm wie Ne-Yo. In perfekter Harmonie ruinieren sie den Song, der mit seiner einfachen, aber starken Geschichte weit, weit mehr Potenzial bietet, als das Duo ausschöpft. Eifersucht, Unsicherheit, Verletzlichkeit, Angst vor dem Verlassenwerden stecken darin, aber Ne-Yo und Jennifer Hudson versagen darin, die Message glaubwürdig rüber zu bringen; sie singen nur ihren Text.

Was sich simpel und seicht anhört, ist zum Teil sehr clever gemacht, weshalb die Qualität auch nicht das Problem des Albums ist. Ne-Yo verbreitet Harmonie und entspannte gute Laune, lässt es jedoch an Leidenschaft und eben ganz klar spannenden Ideen fehlen. Die fehlende Leidenschaft gleicht er zu einem guten Teil mit hervorragender Sangeskunst aus, das muss man ihm lassen!

Bleibt als Fazit: „Because Of You“ ist nett anzuhören, Ne-Yo ist in guter Form, schöpft sein Potenzial aber kaum aus. Das muss man ihm nicht zum Vorwurf machen, denn großes Talent verpflichtet zu nichts.

Künstler: Ne-Yo | Album: Because Of You | Label: Universal Music | VÖ: 15. Juni 2007

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Oliver Springer gehört neben Jörg Wachsmuth zu den Gründern von rap2soul. Er lernte Hörfunk ab 1994 bei JAM FM und moderierte dort fast 12 Jahre. Später war der ausgebildete PR-Berater er als Pro-Blogger tätig. Gemeinsam mit Wachsmuth entwickelte Springer den Digitalradiosender PELI ONE - Dein neues Urban Music Radio, bei dem er seit 2018 den Nachmittag in der Drive Time moderiert.