Nigel Kennedy – Blue Note Sessions

In einer Welt, wo eine Nachricht die nächste jagt, kommt ganz selten etwas wirklich Neuartiges zutage. Der Violinenvirtuose Nigel Kennedy hat in den vergangenen Jahrzehnten die Welt der klassischen Musik mit einer rekordbrechenden Leistung nach der anderen beeindruckt. Doch nun überrascht er die Musikwelt mit einer atemberaubenden Jazzaufnahme. Er ist der erste Violinist von EMI Classics, der in die legendäre Blue Note Familie aufgenommen wurde. Sein beeindruckendes Jazzdebüt „Blue Note Sessions“ markiert dabei den Anfang eines völlig neuen Wegs in seiner Karriere; eines Wegs durch die magische Welt des Jazz.

Obwohl dieser Schritt einen radikalen Bruch mit der klassischen Musik bedeutet, mit welcher er sich sein Leben lang beschäftigt hat, bleiben die typischen Merkmale dieses einzigartig talentierten Musikers, der die Welt der klassischen Musikindustrie so nachhaltig verändert hat, bestehen. Der Mann, der Leidenschaft und Erregung in die Musik bringt, hat für die Aufnahmen eine wahrhaft explosive Band zusammengestellt, die aus aufregenden jungen Talenten und Altmeistern des amerikanischen Jazz besteht: Musiker wie Ron Carter und Jack DeJohnette, die neben Miles Davis, Coleman Hawkins, Kenny Burrell, Stanley Turrentine, McCoy Tyner, Herbie Hancock und Wayne Shorter mit ihren Arbeiten dazu beigetragen haben, den Jazz der Nachkriegsjahre neu zu definieren.

Kennedy hat das einzigartige Saxophonspiel von Joe Lovano und JD Allen miteinander verbunden, die jugendlichen Visionen des Pianisten Kenny Werner hinzugefügt, die Farben von Daniel Sadownicks Percussion und die intuitive Südstaatenseele von Lucky Peterson an der Hammondorgel eingefangen. „Blue Note Sessions“ wurde unter den wachsamen Augen des Produzenten und Grammy-Preisträgers Jay Newland aufgenommen und enthält sowohl Jazzstandards als auch Eigenkompositionen von Kennedy, Carter und DeJohnette. Diese weltberühmten Musiker waren so fasziniert von dem künstlerischen Austausch mit Kennedy, dass ihr Engagement keine Grenzen fand und die Aufnahmesessions den Rahmen eines normalen Albums weit überstiegen.

Nigel Kennedy ist zwar der weltweit erfolgreichste klassische Violinist und steht für seine Leistungen im Guinness Buch der Rekorde, aber kaum jemandem ist bewusst, wie knapp seine Entscheidung zwischen einem Leben als klassischer Musiker und einem Jazzmusiker war. Insofern ist „Blue Note Sessions“ eine Aufnahme, die es an Bedeutung mit jeder seiner anderen Schöpfungen aufnehmen kann, da Kennedy sich hier endlich einen Traum erfüllt. Seit seiner Kindheit hörte Nigel Jazzmusik: In der Menuhin School of Music, bei der er der allererste Stipendiat von Menuhin überhaupt war, hörte er im Schlafsaal heimlich Jazz; als Student spielte er in diversen Jazzbands. Als Stephane Grappelli an seiner Schule einen Vortrag hielt, bat Kennedy, ob er seine Geige mitbringen dürfe.

Wie vorherzusehen, spielten Grappelli und Nigel zusammen und Nigel entwickelte einen Enthusiasmus, der noch heute bei allen seinen Konzerten spürbar ist und das Herzstück jeder Aufführung bildet. Von diesem Moment an war Kennedy klar, dass die traditionellen Grenzen der klassischen Musik für sein Musizieren nicht gelten würden. Er wollte seine Begeisterung mit einem Publikum teilen, sie wann immer möglich auf der Bühne verbreiten. Nigel Kennedy war in seinem Innersten schon immer ein Jazzmusiker. Der Schlüsselmoment, die endgültige Entscheidung, erfolgte, während er in New York die Juilliard School besuchte. Stephane spielte in der Carnegie Hall und wollte, dass Nigel mit ihm auftrete. Die Schulleitung jedoch warnte ihn nachdrücklich, dass das Jazzspiel seine Chancen auf dem klassischen Markt stark beeinträchtigenwürde. Doch der Jazz hatte ihm den Kopf verdreht und Nigel trat mit Stephane auf. Wenige Tage später wurde er in der Schule zur Rechenschaft gezogen. Man sagte ihm, Manager von Klassikabteilungen großer Plattenfirmen hätten im Publikum gesessen und eine Karriere als klassischer Plattenkünstler sei nunmehr unmöglich geworden. Doch zum Glück für Millionen seiner Fans rund um den Globus ist Nigel jemand, der nicht so leicht aufgibt und über enorme Kraft verfügt. So hat er stattdessen seinen freien Geist in die Welt der klassischen Musik getragen und viele der traditionellen Grenzen aufgehoben.

Seine Leidenschaft für den Jazz hat er tief im Herzenbehalten und immer wieder genährt, etwa durch Konzerte mit den Pianisten Jimmy Rowles und Ellis Larkins oder mit Sängern wie Helen Humes und Bobby McFerrin; auch mit dem Saxophonisten Zoot Sims hat er live gespielt und war mit europäischen Jazzmusikern auf Tournee. Seit Beginn seiner Karriere ist Nigel Kennedy, der für seine unterschiedlichen Alben bereits vielfach ausgezeichnet worden ist, einer der großen Künstler im Hause EMI. Er hat zwei hoch gelobte Aufnahmen von Elgars Violin Concerto veröffentlicht: Die erste Aufnahme, mit Vernon Handley und dem London Philharmonic, wurde 1985 von Musikmagazinen zur Platte des Jahres gekürt und bekam bei den BPI Awards für 300.000 verkaufte Alben die Auszeichnung als Best Classical Album of the Year. Seine Aufnahmen der Violinkonzerte von Brahms und Beethoven haben sich jeweils über 100.000 mal verkauft und sein musikalischer Meilenstein, Vivaldis Vier Jahreszeiten, aufgenommen mit dem English Chamber Orchestra, hat einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde bekommen, weil es das bestverkaufte klassische Album aller Zeiten ist. Mehr als zwei Millionen Alben wurden verkauft und es blieb weit über ein Jahr lang Spitzenreiter der britischen Klassikcharts.

Zu den weiteren wegweisenden Aufnahmen gehören das Violinkonzert von Tschaikowski mit dem London Philharmonic; die Solosonate von Bartók; das Violinkonzert von Sibelius, aufgenommen mit dem Birmingham Symphony Orchestra unter der Leitung von Sir Simon Rattle; Waltons Violinkonzert, aufgenommen mit dem Royal Philharmonic Orchestra und André Previn; sowie die Konzerte von Bruch und Mendelssohn, aufgenommen mit dem English Chamber Orchestra unter der Leitung von Jeffrey Tate. Im März 1991 erschien sein Violinkonzert von Brahms, aufgenommen mit dem London Philharmonic unter der Leitung von Klaus Tennstedt, und im Juni 1992 nahm er gemeinsam mit Klaus Tennstedt und dem NDRSinfonieorchester Beethoven Violinkonzert auf. In jüngster Zeit hat er mit den Berliner Philharmonikern drei Aufnahmen barocker Musik gemacht sowie zwei Alben mit Kompositionen von Vivaldi veröffentlicht, die wiederum international höchst erfolgreich waren und die Klassikcharts anführten. Allein in Frankreich führten zwei der oben genannten Alben innerhalb eines Jahres die Charts an, und eines davon ist die seit dem Jahr 2000 bestverkaufte Klassik-CD in Frankreich überhaupt.

Während seiner Tournee im Rahmen dieser CDs spielte Kennedy auch in Australien: Das Opernhaus von Sydney war sieben Abende ausverkauft. Nigel Kennedy hat sich schon immer zum Ziel gesetzt, alle möglichen Formen und Wege der Musik auszuprobieren: „Kafka“ etwa ist ein Album mit zeitgenössischem Material; zudem hat Kennedy ein Album aufgenommen, das von Jimi Hendrix inspiriert ist; ein Konzert gegeben, das auf Musik von den Doors basierte, und, zusammen mit der polnischen Band Kroke, ein viel beachtetes Album mit Weltmusik veröffentlicht.

Nun hat der Künstler, der mit seiner Frau Agnieska und Sohn Sark in Polen lebt, endlich beschlossen, sich einen Kindheitstraum zu erfüllen, hat seine eigene Jazzformation mit Musikern aus Polen gegründet, mit denen er auf Konzertreisen geht, und stellt sein beeindruckendes erstes reines Jazzalbum vor: „Blue Note Sessions“.

Zurzeit (Sand: Mitte 2006) ist Kennedy der künstlerische Leiter des Polish Chamber Orchestra. Er ist ein gefeierter Kosmopolit, der mit einer beeindruckenden Auswahl von internationalen Auszeichnungen und Preisen dekoriert wurde: von Ehrendoktortiteln und dem Preis „Show Business Personality of the Year” bis hin zu etlichen Awards für seine Musik (“Outstanding Contribution to Music”, “Platte des Jahres“) sowie unzähligen Gold- und Platin-Auszeichnungen. Nigel Kennedys Musik ist immer authentisch und hat wahrhaftig globale Auswirkungen. Dieser talentierte Wirbelwind ist mit „Blue Note Sessions“ im Begriff, an den Gestaden des Jazz festzumachen.

Künstler: Nigel Kennedy | Album: Blue Note Sessions | Label: Blue Note (EMI) | VÖ: 30. Juni 2006

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Oliver Springer gehört neben Jörg Wachsmuth zu den Gründern von rap2soul. Er lernte Hörfunk ab 1994 bei JAM FM und moderierte dort fast 12 Jahre. Später war der ausgebildete PR-Berater er als Pro-Blogger tätig. Gemeinsam mit Wachsmuth entwickelte Springer den Digitalradiosender PELI ONE - Dein neues Urban Music Radio, bei dem er seit 2018 den Nachmittag in der Drive Time moderiert.