R. Kelly, der Prozess und die Medien

Eine Nachbetrachtung:

Nachdem R. Kelly am 13.6.08 in allen 14 Anklagepunkten freigesprochen wurde, ist das Echo in den Medien deutlich schwächer ausgefallen als während der Dauer des Prozesses.

Zur Urteilsverkündung war der Gerichtssaal bis auf den letzten Platz besetzt, was sonst nur am ersten Prozesstag zur Anklageverlesung und bei den Zeugenaussagen von Sparkle und Lisa van Allan der Fall war. An allen anderen Tagen, die doch gerade für interessierte Journalisten, die mehr über die Hintergründe der ganzen Sache erfahren wollten, wichtig waren, waren deutlich weniger Reporter anwesend.

Auf Nachfrage meinerseits, warum viele Reporter nur wenige Stunden im Gerichtsaal verbringen statt konsequent alles zu verfolgen, waren die Antworten oft ausweichend, meistens wurde Zeitdruck vorgeschoben. Wenn ich dann darauf hinwies, dass so ja nur halbe Wahrheiten und damit letztendlich Lügen verbreitet werden, erntete ich meist nur Schulterzucken.Das fand ich beängstigend, aber kaum verwunderlich, da Verantwortung für geschriebene Artikel und die damit verbundenen Folgen anscheinend niemanden kümmern.

Diese Tatsache, tägliches Nachlesen von Artikeln in US-Zeitschriften, Anschauen von Berichten im US-Fernsehen und vor allem die Reaktionen meiner Kollegen während des Prozesses und nach der Urteilsverkündung, haben mich erschreckt und auch sehr wütend gemacht.

Jeden Tag habe ich in den Pausen mit den verschiedenen Reportern über die Zeugenaussagen, die vorgelegten Beweise und über die Darstellung des Prozesses in den Medien gesprochen und musste feststellen, dass fast alle Kollegen bereits eine vorgefasste Meinung über R. Kelly hatten – und die Tendenz ging in Richtung Schuldspruch.

Demzufolge war die Stimmung unter ihnen nach dem Freispruch entsprechend enttäuscht. Ob es daran lag, dass sie Schlagzeilen, die R. Kelly in schlechtem Licht darstellen, besser verkaufen können oder ob sie persönlich Vorurteile gegen ihn haben, kann ich nicht sagen, aber die einseitigen Darstellungen haben mich doch sehr geärgert.

Nun wird sich die Presse wieder auf andere Prominente stürzen in der Hoffnung, eine fette Schlagzeile zu bekommen.

Mein Fazit: Von allem, was wir in den Medien hören oder lesen, stimmt weniger als die Hälfte, aber das wussten wir ja auch schon vorher, oder nicht?

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