Felton Pilate – Nothing But Love Spoken Here

Was kommt dabei heraus, wenn einer der Leadsänger der legendären Funkband ConFunkShun – und Produzent von MC Hammer – ein Soloalbum veröffentlicht? Im Fall von „Nothing But Love Spoken Here“ etwas völlig anderes, als meine Frage vermuten lässt: zuckersüßer, an der Vergangenheit orientierter R&B der extra weichen Art.

Als er damals ConFunkShun verließ, tat er dies aus einem ganz bestimmten Grund: endlich ein Soloalbum aufzunehmen. Ein solches Projekt ganz in Ruhe anzugehen ist eine Sache, doch zwischen 1986 und 2006 liegen 20 Jahre, niemand ist so langsam, oder? Es lag zunächst nicht an ihm, die Plattenfirma wollte von ihm kein Soloalbum und ließ nach seinem Ausstieg auch noch ConFunkShun fallen. Was für ein Glück für MC Hammer, sonst hätte Felton Pilate wohl kaum Hammers Karriere aufbauen können. Für die eigene Karriere war das Glück und Unglück zugleich, denn viele erwarteten von Felton Pilate, dass er für sie ähnliches vollbringen könnte und manche wollten lieber nicht mit dem Mann hinter MC Hammers Erfolgsalben arbeiten. Auch kam MC Hammer immer gerade dann mit dem Auftrag für ein neues Album, wenn Felton endlich mal sein eigenes Projekt vorantreiben wollte.

Das wäre eine Erklärung dafür, warum „Nothing But Love Spoken Here“ so unmodern klingt: Man könnte auf die Idee kommen, dass er einfach da weitergemacht hätte, wo er schon seit 1986 dran war.

Die meisten Songs dieses Albums hat Felton Pilate selbst geschrieben, arrangiert, produziert und eingespielt. Das ist dann auch ein großer Unterschied zu den Alben, die üblicherweise hoch in den Charts stehen: der Grad der Arbeitsteilung. Im Fall von „Nothing But Love Spoken Here“ kann man nicht mehr von Musikindustrie sprechen. Nichts gegen Fabrikware, bei der zahlreiche Spezialisten am Werk sind, doch eine One Man Show wie die von Felton Pilate hat für mich auch ihre Reize.

Die große Überraschung sind dann die drei Remixe des als Single ausgekoppelten Titeltracks: Wer die anderen elf Tracks des Albums mag, kann mit dem Rest meist gar nichts anfangen, ist eher schockiert. Während der „Euro Remix“ auch mir unangenehme Schauer den Rücken herunterjagt, finde ich die beiden US-Remixe ansprechend, wenngleich der erste davon eher wie einer wirkt, der auf den britischen Soulgeschmack ausgerichtet ist. Dem zweiten US-Remix fehlt es bei den Vocals ein wenig an Drive, „Nothing But Love Spoken Here“ ist schließlich eine Ballade, da hätte man vielleicht noch mal ganz neu ansetzen sollen. Außerdem irritiert die ganze Anmutung bei dieser Version schon erst einmal, Felton Pilate ist schließlich kein 16 mehr! Ihm diesen chartorientierten aktuellen R&B nicht zugestehen zu wollen, wäre jedoch engstirnig. Meine Kritik richtet sich da nur an die handwerkliche Umsetzung, das hätte man klar besser machen können, was ein Profi wie Pilate auch weiß und ich von ihm erwarte.

Für ein negativ eingefärbtes Fazit würde ich schreiben: „Nothing But Love Spoken Here“, der Mann redet nur von Liebe, erzählt aber nichts Neues. Doch das würde – auch wenn’s stimmt – nicht der Schönheit dieses Longplayers gerecht.

Künstler: Felton Pilate | Album: Nothing But Love Spoken Here | Label: Escapi Mus (edel) | VÖ: 10. Februar 2006

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Oliver Springer gehört neben Jörg Wachsmuth zu den Gründern von rap2soul. Er lernte Hörfunk ab 1994 bei JAM FM und moderierte dort fast 12 Jahre. Später war der ausgebildete PR-Berater er als Pro-Blogger tätig. Gemeinsam mit Wachsmuth entwickelte Springer den Digitalradiosender PELI ONE - Dein neues Urban Music Radio, bei dem er seit 2018 den Nachmittag in der Drive Time moderiert.