George Benson – Irreplaceable

Bei einem so vielseitigen Künstler wie George Benson lässt sich kaum sagen, was eigentlich sein “typischer” Sound ist. Wer George Benson in erster Linie als Jazzgitarristen wahrnimmt, braucht „Irreplaceable“ gar nicht erst zu testen. Auf diesem Longplayer lässt er extrem honigsüßen R&B erklingen, wie man ihn von Ne-Yo oder Toni Braxton erwarten würde.

Teilweise macht „Irreplaceable“ so einen poppigen Eindruck, andererseits vergisst er den Jazz nicht. Die hochwertige Produktion und – für diese Art Sound untypisch komplexe – Produktion sorgt für den entscheidenden Unterschied zu Mainstream-R&B-Produkten. Wesentlichen Anteil daran hat Songschreiber und Produzent Joshua Thompson, der etwa schon für Babyface, Aretha Franklin und Alicia Keys gearbeitet hat.

Das Beste an „Irreplaceable“ ist, wie es George Benson gelingt, aufdringlich eingängige Melodien (manche würden sie klebrig nennen), frisch klingen zu lassen. Ein Grund dafür ist, dass der Sound nicht zu weich ist, sondern Biss hat.

Letztlich geht bei diesem Album nicht darum, Neues zu hören oder gar von kreativen Texten inspiriert zu werden. „Irreplaceable“ ist ein Herz-Schmerz-Album. In dieser Hinsicht spielt Benson die Herzen seiner Zuhörer so routiniert wie seine Gitarre. Das ist mehr, als viele Menschen ertragen bzw. bereit sind zuzulassen.

Die Mehrzahl der Lieder ist zu intensiv, zu eindringlich, um das Album im Hintergrund bei der Arbeit oder Alltagstätigkeiten laufen zu lassen. Für die Intensivierung von Liebeskummer ist es perfekt. Oder um die Liebe seines Lebens ganz fest an sich zu drücken.

Oder sagen wir es so: Wer „Irreplaceable“ vom Anfang bis zum Ende hört und nicht einmal feuchte Augen bekommt, benötigt die Hilfe eine Psychotherapeuten.

FAZIT: Versucht George Benson hier mit aller Macht jung und modern zu klingen? Ist das wirklich der richtige Sound für einen Mann über 60? Ganz egal, „Irreplaceable“ ist eines der schönsten R&B-Alben aus 2004 und dass man das Gefühl hat, die Melodien schon zu kennen, zeigt wohlmöglich nur, wie gut die Arbeit getan wurde.

Künstler: George Benson | Album: Irreplaceable | Label: Grp (Universal) | VÖ: 3. November 2003

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Oliver Springer gehört neben Jörg Wachsmuth zu den Gründern von rap2soul. Er lernte Hörfunk ab 1994 bei JAM FM und moderierte dort fast 12 Jahre. Später war der ausgebildete PR-Berater er als Pro-Blogger tätig. Gemeinsam mit Wachsmuth entwickelte Springer den Digitalradiosender PELI ONE - Dein neues Urban Music Radio, bei dem er seit 2018 den Nachmittag in der Drive Time moderiert.